
Journalismus oder Aktivismus?
Seit 1981 arbeite ich ohne Unterbrechung als Journalist. Zunächst für öffentlich-rechtliche, ab 1992 auch für private TV- und Radiosender. Ich war u.a. angestellter Redakteur beim Radio und Chefredakteur beim Fernsehen sowie zwischenzeitlich zweiter Vorsitzender im Journalistenverband. Aktuell bin ich wieder als freier Journalist und Moderator in Berlin und Potsdam für das Fernsehen tätig. Mit anderen Worten: Ich verfüge über Expertise in Sachen Medien. Und genau deshalb sehe ich seit Jahren die starken Verwerfungen in der Medienbranche. Damit meine ich primär nicht die wirtschaftlichen und technischen Veränderungen, die es immer gab und geben wird, sondern die inhaltlichen Veränderungen in der journalistischen Arbeit. Viele Journalisten nehmen momentan die Rolle von Aktivisten ein. Und das ist problematisch für unseren Berufsstand. Damit ist keinesfalls gemeint, dass die Ausrichtung eines Medienhauses das Problem ist, sondern ein fehlender journalistischer Kompass. Soll heißen: Wenn dem Publikum die Geschehnisse großflächig nur noch einseitig zur Kenntnis gebracht werden, dann kann von einer objektiven und umfangreichen journalistischen Berichterstattung nicht mehr die Rede sein. Zumal dann nicht, wenn Journalisten sich nur noch in einer Blase bewegen und von dieser auch noch bejubelt und ausgezeichnet werden wollen. In diesem Fall macht man den falschen Job und sollte besser in eine PR-Abteilung wechseln, Lobbyist werden oder gleich als Politiker durchstarten. Kritisches Hinterfragen und Skepsis gehören nun einmal zum journalistischen Berufsbild. Panik machen nicht, hinschauen und die Dinge klar und deutlich benennen sehr wohl. Einseitiges Hinschauen oder Wegschauen darf es für einen Journalisten nicht geben. Aber dafür muss man die Blase verlassen. Ach ja, da war noch was: Journalisten haben Macht. Diese Macht dürfen sie niemals missbrauchen. Zumal in aufgeregten Zeiten wie diesen.
Andreas Dorfmann
Journalist